Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
die Aufstellung des Haushalts ist immer die Königsdisziplin des Gemeinderates. Für das Jahr 2025 war es ein besonders immenser und langer Kraftakt. Das zeigt schon die Tatsache, dass wir ihn diesmal erst im April und nicht wie eigentlich üblich, im Dezember verabschieden.
Es gab große Herausforderungen zu meistern und schwere Entscheidungen mit weitreichenden, heute noch gar nicht absehbaren Folgen zu treffen. Nach zähem Ringen, in dem Chancen und Risiken mehr oder weniger sorgfältig gegeneinander abgewogen wurden, ist es nun gelungen, einen Haushalt aufzustellen, den wir eigentlich in großen Teilen mittragen könnten.
So wurde zum Beispiel die für Wertheim so wichtige und wertvolle Ehrenamtskarte nicht eingestampft, wie ursprünglich von der Verwaltung geplant.
Man könnte sie aktuell allerdings eigentlich auch in „Vergnügungskarte oder Automatenkarte“ umbenennen, denn so wurde sie noch schnell am Ende der Klausurtagung, trotz unseres lautstarken Einspruchs finanziert.
Vielen Dank an dieser Stelle an alle Ehrenamtlichen für ihren unermüdlichen Einsatz an unserer Gesellschaft.
Auch konnten wir die Anschaffung eines stationären Blitzers zur Verbesserung der Verkehrssicherheit an der L2310 auf den Weg bringen.
Das sind Entscheidungen, die wir ausdrücklich begrüßen, da sie mit Anträgen von uns auch eingeleitet wurden.
Doch bei aller Anerkennung für die schon genannten Punkte dürfen wir nicht übersehen, dass dieser Haushalt auch erhebliche Steuererhöhungen enthält – und diese gehen unserer Meinung nach, weit über das vertretbare Maß hinaus.
Das ist für uns in dieser Art und Form nicht nachvollziehbar, insbesondere weil wir gleichzeitig wiedermal Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer verzeichnen können.
Diese aber sicherlich, spätestens nach dem „getrumpel“ in den USA, wohl eher rückläufig sein werden. Da kommt noch einiges auf uns zu, was wir heute noch gar nicht abschätzen können. Man sieht es jeden Tag in den Nachrichten.
Noch schwerer wiegt, dass mit diesen geplanten Mehreinnahmen eine komplett freiwillige Leistung finanziert wird – nämlich unser Krankenhaus.
Wir sind überzeugt, dass Wertheim dringend eine 24/7-Notfallversorgung braucht und froh, sollte es uns gelingen, diese tatsächlich langfristig zu etablieren. Was unserer Befürchtungen nach ein ambitioniertes Unterfangen ist. Da die Großwetterlage im Gesundheitswesen nun mal leider eine andere ist und wenn es so einfach wäre, ein Krankenhaus zu erhalten bzw. neu zu eröffnen, hätte wohl jede Stadt eins. Die wirklichen Auswirkungen werden wir wohl aber erst in einigen Jahren sehen.
Gesundheitsversorgung ist eben eine Aufgabe des Kreises und des Landes. Es ist nicht einzusehen, warum sich Land und Kreis dieser Verantwortung entziehen konnten und davon ausgehen, dass ausgerechnet für den größten Industriestandort im Main-Tauber-Kreis und somit ca. 70.000 Menschen in der Region eine solche Einrichtung nicht notwendig wäre.
Hier hätten wir uns eine viel deutlichere Unterstützung vom Landkreis gewünscht! Stattdessen werden wir als Kommune alleine gelassen und müssen diese Mammutaufgabe, die unsere finanziellen Möglichkeiten mehr als deutlich übersteigt, nun irgendwie selbst lösen.
Damit Wertheim diese dringend notwendige Einrichtung jetzt aber trotzdem bekommt, geht der städtische Haushalt den sprichwörtlichen „Ritt auf der Rasierklinge“ ein.
Sicher, in der Vergangenheit hat sich oft gezeigt: „Es ist noch immer gut gegangen.“ Doch unsere Prämisse ist eine andere – nämlich „better safe than sorry“ oder „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“.
Zumal wir am Anfang durch die Verwaltung unter ganz anderen Vorzeichen, besseren Zahlen und vor allem höhere Zuschüssen gestartet sind, als wir jetzt am Ende nun wirklich erreicht haben.
Zu spät, zu wenig und zu kurz, war unser Motto im Kreistag und gegenüber der Kreisverwaltung.
Mit nur 600.000€ statt den 1,5 Mio€, also nicht mal mehr die Hälfte, wie von der Stadtverwaltung fälschlicherweise immer angenommen, gibt es inzwischen als Unterstützung und wir in Wertheim müssen jetzt schauen, wie wir hier die Kuh vom Eis bringen.
Wir denken, wenn es von Anfang an eine andere Kommunikationskultur gegeben hätte, wäre auch mehr drin gewesen. Solche sensiblen Dinge verhandelt man eben nicht über Social Media oder die regionale Presse.
Das jetzt auf einmal kurz vor Torschluss noch 6,5 Mio.€ Gewerbesteuer-Mehreinnahmen „gefunden“ wurden, als in den Planungen und im Finanzzwischenbericht vorgesehen, ist auch ein, naja nennen wir es mal glücklicher Zufall.
Ob es dann jetzt überhaupt noch diese extreme Gewerbesteuererhöhung von immerhin geplanten 27 Punkten braucht, wagen wir stark zu bezweifeln und beantragen schon aus diesem Grund eine getrennte Abstimmung zwischen dem Haushalt und der Steuererhöhungen.
Unserer Meinung nach, reichen 385 Punkte Gewerbesteuer vollkommen aus, gehen aber um des Friedenswillen auch bei 390 Punkten noch mit, was wir auch so hier zur Abstimmung stellen möchten.
Das sind wir unseren ortsansässigen Unternehmen schuldig. Hier auch noch mal ein großes Dankeschön an alle Unternehmerinnen und Unternehmer und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit ihrem Wirken unseren finanzpolitischen Handlungsspielraum überhaupt erst möglich machen.
Neben den inhaltlichen Fragen kritisieren wir auch das Verfahren, mit dem dieser Haushalt entstanden ist. Die Verwaltung hat sich der berühmten Salamitaktik bedient – Informationen kamen oft nur kurz vor knapp und häppchenweise. Außerdem wurden die neuen Gremiumsmitglieder gleich an ihrer ersten Sitzung mit einer übermächtigen Informationsflut förmlich überrumpelt. Mit den Zahlen von heute wäre manche Entscheidung sicherlich anders gelaufen.
Es gab durchaus auch kritische Stimmen aus anderen Fraktionen, die das Zustandekommen und die Darstellung dieses Haushalts, besonders bei der letzten Klausurtagung, infrage gestellt haben. Wenn man alles negativ und von falschen Ausgangszahlen ausgehend darstellt, ist das keine ehrliche Vorgehensweise. Eigentlich rechnet man von dem Status Quo schrittweise nach oben und nicht von Fabelzahlen nach unten.
Mehr darf ich aus den nichtöffentlichen Sitzungen leider nicht berichten.
Umso unverständlicher ist es, dass der Haushalt letztendlich in vollem Umfang einfach so durchgedrückt werden soll – und zwar im ganzen Paket um mögliche Abweichler bei einzelnen Punkten zu verhindern.
Deshalb appellieren wir an den Gemeinderat, unserem Vorschlag der getrennten Abstimmung zuzustimmen.
Ohnehin wäre mit ein wenig mehr politischem Willen – insbesondere von der bürgerlichen Mitte – eine verträglichere Lösung für alle beteiligten möglich gewesen.
Ich persönlich mache mir große Sorgen um den zukünftigen sozialen Frieden in Wertheim.
Bei der Erhöhung der Grundsteuer ging es ja schon los, und ich befürchte, dass war erst der Anfang.
Wir wollen den Haushalt der Stadt Wertheim nicht überfordern – und vor allem auch nicht die Leistungsfähigkeit unserer Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen.
Deshalb können wir diesen Haushalt in seiner Gesamtheit so bedauerlicherweise nicht mittragen.
Außerdem sind wir nicht sicher, ob über den stationären Blitzer und die Ehrenamtskarte hier und heute so im Paket überhaupt abgestimmt werden darf.
Schließlich liegen von unserer Fraktion noch zwei unbehandelte Anträge vom 18.11.2024 vor, welche zunächst bearbeitet und abgestimmt werden müssten und/oder gar beide Themen mit einer Sperrfrist belegen würden. Hier bitten wir um Aufklärung.
Wir fordern für die Zukunft eine frühzeitigere, transparentere und offenere Diskussion über die Finanzplanung unserer schönen Stadt – ohne Salamitaktik, mit klaren Alternativen und mit einer soliden, langfristigen Strategie.
Erst große Versprechen machen, weitreichende Verpflichtungen eingehen und dann danach irgendwie hinterherhechelnd schauen, ob und wie man diese überhaupt einhalten und finanzieren kann, hat unserer Meinung nach nichts mit verantwortungsvollem handeln zu tun.
Unsere Fraktion wird dem so eingebrachten Haushalt nicht zustimmen.
Vielen Dank